Zurück

Wale weinen nicht

 

von D.H. Lawrence

 

Man sagt, die See sei kalt, und doch birgt sie in sich

das heißeste Blut von allen, das wildeste, das drängendste.

 

All die Wale in den weiten Tiefen, sie sind heiß, wenn sie

weiter und weiter drängen und unter Eisbergen tauchen.

Die Glattwale, die Pottwale, die Hammerköpfe, die Mörderwale

da blasen sie, da blasen sie heißen, wildweißen Atem aus dem

Meer.

 

Und sie wiegen und wiegen sich fort durch sinnliche, zeitlose

Zeiten

über den Tiefen der sieben Weltmeere,

und wirbeln durchs Salz in trunkenem Entzücken

und erschauern unter den Tropen in Liebesglut

und wiegen sich fort mit starkem, machtrvollem Verlangen, wie

Götter.

Da lehnt sich der große Bulle gegen seine Braut

in der blauen Tiefe des Meeres,

wie ein Berg den anderen berückt, im Wohlgenuß des Lebens:

und aus dem inwärtigen Tosen des roten Walblutozeans

dringt hervor der lange Schafft, heftig wie der kreisende Maelstrom,

und kommt zur Ruhe

in der Umarmung, im weichen, wilden Griff der grundlosen Tiefe

des Leibes einer Walkuh.

 

Und über die Brücke von des Wals kräftigem Phallus, der die

Wunderwesen nun verbindet,

wechseln unter dem Wasser die brennenden Erzengel hin und her,

wechseln die Erzengel der Verzückung

von ihm zu ihr, von ihr zu ihm, großer Cherubim,

den Walen im Ozean zu Diensten, in den Meerwellen schwebend,

großer Himmel der Wale in den Wassern, altes Priestertum.

 

Und riesige Mutterwale säugen traumversunken ihre walzarten

Jungen

und träumen fort, die fremden Walaugen weit geöffnet in den

Wassern des Anbeginns und des Endes.

 

Und Walbullen versammeln ihre Frauen und Kälber zum Kreis,

wenn Gefahr droht an der Oberfläche des unablässigen Gewoges,

setzen sich schützend vor die zusammengedrängten Ungeheuer

ihrer Liebe

und begegnen wie zornige Seraphimen der Gefahr.

Und diese Glückseligkeit im Meer, im Salz,

wo Gott auch Liebe ist, jedoch ohne Worte:

und Aphrodite ist die Frau der Wale

glücklichste sie,

 

und Venus tummelt sich zwischen den Fischen und ist eine

Delphinin

 

sie ist der fröhliche, entzückende Tümmler, der sich in Liebe und

Meer ergeht,

sie ist das Thunfischweibchen, rund und glücklich unter den

Männchen

und voll des glücklichen Blutes, dunkle Regenbogenseligkeit im

Meer.

 

 

Datenschutzerklärung
Kostenlose Webseite erstellen bei Beepworld
 
Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist ausschließlich der
Autor dieser Homepage, kontaktierbar über dieses Formular!